Die Lila Revolution

Ein Zeitreise-Bericht der Klasse 10/2 des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Nossen vom 3. bis 4. Mai 2022


Wir schreiben das Jahr 2045

Die Bürger leben alle in nahezu gleichen, vom Staat regulierten Verhältnissen, jedoch meist mit einem geringen Lebensstandard. Die einfachen Arbeitnehmer erhalten, ungeachtet ihrer Arbeitsleistung, denselben Standardlohn, während die Umsätze der Unternehmer gesetzlich gedeckelt sind. Die Mehrheit der Bevölkerung muss hart arbeiten und wohnt in kleinen Wohnungen innerhalb maroder Häuser. Selbst die Unternehmer genießen kaum einen Luxus, haben aber aufgrund ihrer eingeschränkten Firmentätigkeiten oft mehr Freizeit, als ihnen lieb ist.

Angesichts der geschilderten Umstände herrscht eine große Unzufriedenheit unter der Bevölkerung und wenig Vertrauen gegenüber der Regierung, ja der Politik insgesamt. Auch führt der Veränderungswille der Bürger bei angeblich demokratischen Wahlen kaum zu Verbesserungen. Die Gleichmacherei und Einschränkung individueller Freiheiten im Sinne einer Planwirtschaft führt hingegen zu einer ökonomischen Stagnation und einem Mangel an technischem Fortschritt.

Die Bürger wissen nicht, dass eine kleine, geheime Elite aus äußerst reichen Politikern die Geschicke des Landes bestimmt und ein luxuriöses Leben in einem abgeriegelten Bezirk der Hauptstadt führt. Unter vielen Leuten kursieren zahlreiche, auch sehr abwegige Theorien über diesen Bezirk, während einige zumindest erahnen, dass sie von einem kleinen Machtkreis getäuscht und fremdbestimmt werden. Mehr und mehr finden sich auch solche, die bewusst nach einer Aufklärung der wahren Verhältnisse streben. Die Regierung wiederum unterschätzt den Horizont des Volkes sowie die Wut und den Mut zur Veränderung. Derart entsteht eine brenzlige Gemengelage, ja vielleicht gar der Nährboden für einen Umsturz des ganzen Systems.



Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…

1. Akt: In der Berliner Vorstadt

 Handelnde Personen:  

  • Matteo – Bauunternehmer  
  • Moritz – Flugzeugbauer  

Moritz, Eigner eines Flugzeugbauunternehmens, werkelt im Vorgarten seines kleinen Berliner Vorstadthäuschens herum, denn wie so häufig hat er schon wieder recht früh Feierabend. Plötzlich ruft ein vorbeigehender Spaziergänger über den Zaun. Es ist Matteo, ein alter Bekannter aus Schultagen und Besitzer einer Dachdeckerfirma.

Matteo: Hey Moritz, moin!

Moritz (von den Blumenbeeten aufblickend): Hey Matteo!

Beide stoßen über den Zaun zum Gruß ihre Handkanten kreuzweise gegeneinander.

Matteo: Na, was geht ab? Wir haben ja ewig nicht mehr miteinander gequatscht!

Moritz: Ja ich glaub das letzte Mal 2026. Ganz schön lange her!

Matteo: Sag ich ja! Was gibt’s Neues bei dir?

Moritz: Ich hab schon vor längerer Zeit ’ne eigene Firma gegründet, die baut jetzt Flugzeuge. Ich hab bereits 200 Mitarbeiter und – na ja – eigentlich läuft’s nicht schlecht. Und bei dir?

Matteo: Ich hab vor kurzem ’ne Dachdeckerfirma aufgemacht, mit 50 Mitarbeitern. Die läuft auch ganz ok.

Moritz: Klingt nicht schlecht! Aber hast du gerade wirklich viele Aufträge am Laufen?

Matteo: Ja ich bekomme immer wieder sehr viele rein, aber ich muss mich ganz schön zügeln.

Moritz: Warum?

Matteo (etwas ungläubig): Na ich denke, du hast doch dasselbe Problem. Ich werd von der Regierung in meinen Freiheiten als Unternehmer eingeschränkt.

Moritz (nickend): Ja stimmt, ich steh vor dem gleichen Problem. Eigentlich hab ich ja genug Mitarbeiter und Kapazitäten, um noch viel mehr Flugzeuge zu bauen. Aber mehr als 10 im Jahr lohnen sich einfach nicht bei diesen (mit Unmut) Umsatzbegrenzungen!

Matteo: Ja da fehlt jeder unternehmerische Anreiz! Da muss sich wirklich was ändern! Ich weiß auch nicht, was die von uns wollen. (verärgert) Wir können doch nicht alle auf demselben Lohn rumspringen, obwohl die einen mehr arbeiten wollen, während manche zu faul sind zum Arbeiten.

Moritz: Ja ich glaub, wir haben im Grunde alle dasselbe Problem! (mit geballter Faust) Da muss unbedingt mal eine andere Politik her! Und ich glaub auch, vielen sehen das genauso.

Auch Matteo ballt eine kämpferische Faust und schlägt sie zum Abschied gegen die von Moritz.

Matteo: Wir sehen uns!

Moritz: Auf jeden Fall!


2. Akt: Vor dem Reichstag

 Handelnde Personen:  

  • Hugo – Politiker  
  • Marie, Emma, Ella und Luca  
  • sowie weitere Bürger  

Vor dem Reichstagsgebäude findet eine Wahlkampfveranstaltung statt. Hugo (ausgesprochen wie Victor Hugo), Parteisprecher der „Roten Flagge“, die seit Jahren die Regierung stellt, schwingt eine rote Flagge und eine wie auswendig gelernt wirkende Rede. Um ihn hat sich eine Schar von Leuten versammelt, darunter auch eine Gruppe von Freunden, die zufällig vorbeigekommen ist.

Hugo: Herzlich willkommen, getreue Genossen und Genossinnen!

Marie (verzückt): Juhu, Hugo!

Hugo: Ich darf Sie heute zur kommenden Bundestagswahl einladen und ich bitte Sie, wählen Sie wieder „Die rote Flagge“, für Gleichheit, für…

Marie (vortretend und enthusiastisch): Rote Flagge, rote…

Emma und Ella (im Versuch, Marie zurückzuhalten): Marie, nee!

Marie (sich wehrend): Hey! Rote Flagge! Rote Flagge!

Hugo (etwas irritiert): …äh, für gleiche Löhne…

Luca (lauthals): Rote Flagge? (Hugo die rote Flagge entreißend und sie auf den Boden schmeißend) Niemals!

Hugo (ängstlich): Warum niemals?

Emma (aufgebracht nach vorne tretend): Weil wir alle schlecht leben!

Marie (Emma zurückschubsend): Ach sei doch ruhig!

Ella (dazwischengehend und Marie festhaltend): Mann, Marie, was willst du denn?

Marie (sich losreißend und heiser schreiend): Rote Flagge! Rote Flagge! Rote…

Luca (mit wütendem Blick gegen Marie und Hugo): Unsere Kinder müssen beinahe hungern, weil wir einfach nicht genug verdienen!

Ella (eindringlich): Stopp, leiseeeee!

Alle halten inne und hören Ella zu.

Ella: Ich hab letztens mit einer Gruppe von Freunden erkundet, was hinter dieser Mauer dort drüben ist (zeigt auf den gesperrten Stadtkomplex neben dem Reichstagsgebäude), dort, wo wir eigentlich nicht hindürfen.

Emma: Du meinst dieses angebliche Industriegebiet?

Ella: Ja! Ich bin über die Mauer geklettert, während die anderen mit einer Demo die Wachposten abgelenkt haben. Und wisst ihr, was dahinter ist? (mit einer Pause die Spannung steigernd) Ein Riesenstadtbezirk, nein quasi eine eigene Stadt, mit Villen, Pools, Hubschraubern…

Luca (mit leuchtenden Augen): Ich hab’s ja schon immer gewusst!

Ella: …während wir hier nicht genug zu essen haben.

Marie: Ach, glaub ich nicht!

Ella: Doch, schau!

Ella hält Marie ein Beweisfoto unter die Nase, welches eine pompöse Villenlandschaft zeigt.

Emma: Siehst du, Marie, die Politiker leben viel besser, so wie dieser Typ da (deutet verächtlich auf Hugo), den du die ganze Zeit anhimmelst!

Marie (das Foto wegschlagend): Nee, das kann alles sein! Gefälscht oder wo anders her…

Die Freunde und weitere Bürger ziehen aufgebracht in Richtung Eingang des Reichstagsgebäudes, während Marie und Hugo nicht wenig ratlos zurückbleiben. Kurze Zeit später geht das Parlament in Flammen auf. Gleiches passiert im Verlaufe einiger Stunden, nachdem sich immer mehr wütende Bürger dem Aufruhr angeschlossen haben, mit dem Bundeskanzleramt. Der Aufstand zieht sich drei Tage hin, an denen auch das geheime Reichenwohnviertel neben dem Reichstag gestürmt wird. Der Staatsapparat hat der Macht der Massen kaum etwas entgegenzusetzen.


3. Akt: Vor dem zerstörten Reichstag

 Handelnde Personen:

  • Ella, Emma, Luca, Pia und Horst  
  • sowie weitere politische Aktivisten  

Zahlreiche Aktivisten (unter ihnen viele der Aufständischen, aber auch neue Sympathisanten) versammeln sich vor dem Gelände des niedergebrannten Reichstags, wo bereits erste Aufräumarbeiten im Gange sind.

Ella (mit feierlichem Ton): Also wir haben uns alle heute hier versammelt, weil wir es geschafft haben, die alte Regierung zu stürzen.

Alle anderen (klatschend): Juhu, juhu!

Ella: Wir lassen jetzt diese unglückliche Vergangenheit der Ungleichheit hinter uns und wählen eine neue Regierung!

Alle anderen (erneut klatschend): Ja, hurra!

Ella: Wir fordern die Gleichstellung aller Bürger, ohne eine Bevorzugung der Politiker! Seid ihr dabei?

Alle anderen: Ja, klar!!!

Ella: Also ich frage euch: Was sind unsere Grundsätze?

Emma: Gleicher Lohn!

Luca: Bei gleicher Arbeitsleistung!

Pia: Und trotzdem Aufstiegschancen!

Horst: Soziale Steuersätze!

Luca: Und gleiche Bildungschancen!

Ella: Ja, und auch der Wiederaufbau der Regierungsgebäude wird unsere Aufgabe sein! Um dies alles zu erreichen, lasst uns eine neue Partei gründen, die Partei namens „Lila“!

Pia: Das klingt toll!

Horst: Lila!

Emma: Lila, Lila!

Alles stimmen in den Chor mit ein.

Ella: Also wer ist für die Parteigründung?

Alle heben den Arm zum Zeichen ihrer Zustimmung.

Ella: Sehr gut! Und damit ist beschlossen, wir gründen die Partei „Lila“, organisieren Bundestagswahlen und den Aufbau neuer Regierungsstrukturen!

Alle jauchzen und applaudieren.


Lektorat: sb