Ein Zeitreise-Bericht der Klasse 10/2 des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Nossen vom 3. bis 4. Mai 2022
Wir schreiben das Jahr 2045
In Deutschland herrscht eine direkte Demokratie. Das Volk trifft alle großen und wichtigen Entscheidungen in Form von Volksabstimmungen. Für die Umsetzung dieser Grundsatzentscheidungen werden Abgeordnete gewählt. Sie haben Entscheidungsbefugnisse bei der Ausgestaltung der Volksentscheide. Zudem können sie dem Volk eigene Gesetzesvorschläge zur Abstimmung vorlegen.
Das Volk vertraut der Politik sehr, insbesondere der Partei GED (Gemeinschaftliche Einheitspartei Deutschlands). Diese stellt bereits seit zwei Jahrzehnten die Regierung. Ihr Verdienst sind vor allem Lohnangleichungen (über Reichensteuern und ein Maximaleinkommen) auf einem insgesamt recht hohen Einkommensniveau, eine kostenlose Gesundheitsversorgung sowie die effektive Subvention von digitaler und umweltfreundlicher Technik. Auch wird der Partei ihr Einsatz für eine friedliche Zeitenwende nach langen Jahren der Krisen und Kriege zugute gehalten.
Deutschland gilt wieder als Spitzenreiter bei technischen Erfindungen und Entwicklungen, mit Fokus auf die IT-Branche. Das Arbeitsleben ist wie der Alltag sehr weitgehend digitalisiert. Modernste Technologien sind für Unternehmen und auch Privatpersonen erschwinglich, beispielsweise fliegende Autos. „Grüne Energie“ wird aus Fusionskraftwerken gewonnen. Das Land ist in seiner Versorgung nahezu unabhängig von anderen Staaten. Güter und Dienstleistungen werden mit der Kryptowährung „Hugo Coins“ online oder über mobile, fliegende Zahlterminals („The Flying Holos“) getätigt. Überhaupt hat die Hologrammtechnik einen sehr hohen Stellwert, etwa in Gestalt von Holo-Watches oder Holo-TVs. In der Wissenschaft dominiert die Gentechnik (CRISPR), sei es bei der Heilung von Krankheiten oder der Schöpfung von Wunsch- oder gar Erfolgskindern.
Dank des ausgeglichenen sozialen und ökonomischen Status’ der Bürger herrscht in der ansonsten sehr pluralistischen Gesellschaft (mit unterschiedlichen Religionen, Kulturen und Nationalitäten) kein Rassismus, sondern vielmehr Frieden und Zusammenhalt. Trotz dieser realpolitischen Erfolge neigt die GED zu sehr populistischen Kampagnen und Programmen, die jedoch von den Wählern dankbar angenommen werden.
Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…
Szenensprecherin: Den Menschen in Deutschland geht es gut, sie leben in Frieden, dank der regierenden Partei, der GED.
1. Akt: GED-Wahlspot
Im Hologrammfernsehen läuft ein Werbespot der GED zur anstehenden Bundestagswahl.
Werbesprecher: Wir befinden uns in einer unschuldigen Menschenmenge (eine belebte Straße wird eingeblendet), die ihren täglichen Bedürfnissen nachgeht, nichtsahnend, was ihr bevorsteht.
Die Kamera zoomt auf einen älteren Herrn inmitten der Passanten, der mit Stock und Strohhut spazieren geht.
Spaziergänger (in den sonnigen Himmel blickend und blinzelnd): Ach so ein schöner Tag heute!
Plötzlich springt ein vermummter Mann aus einem Gebüsch auf die Straße, direkt vor den älteren Spaziergänger.
Vermummter (schreiend): Allahu akbar!
Der Vermummte sprengt sich in die Luft und reißt den älteren sowie noch einige weitere Spaziergänger mit in den Tod.
Werbesprecher (mit ernstem Ton, während die Kamera weiter das angerichtete Chaos zeigt): So etwas hat man bei uns seit 20 Jahren nicht mehr gesehen! Seit die GED im Jahr 2025 an die Regierung gekommen ist, leben wir in einer friedlichen Welt ohne Terrorismus und Krieg. Wählen Sie also wieder GED, damit das so bleibt! GED – Ihre Stimme für den Frieden!
Szenensprecherin: Das war ein interessanter Einblick in das Wahlprogramm der GED. So sieht die Partei sich selbst. Aber wie sehen die Bürger sie?
2. Akt: Im Altersheim
Klara, Schülerin der 10 Klasse, besucht ihren hochbetagten Großvater im Altersheim. Dieser ist nicht mehr so gut zu Fuß, dafür aber immer noch bei vollem, klarem Verstand. Als Klara die Tür zu seinem Zimmer öffnet, steht er, offensichtlich schon länger auf sie wartend, am Fenster.
Opa (mit brüchiger Stimme in Richtung Tür): Grüß dich, mein Klärchen!
Enkelin (den Großvater umarmend): Hallo Opa, setz dich erst mal!
Opa (sich auf seinem e-Rollator niederlassend): Ok!
Enkelin: Kann ich mich auf dein Bett setzen?
Opa: Klar! (verträumt aus dem Fenster in den sonnigen Park schauend) Wie schön ist es, dass die GED diesen langen Frieden gebracht hat!
Enkelin (etwas ungläubig): Ja, aber das ist doch selbstverständlich.
Opa: Selbstverständlich? Weißt du, was ich erlebt habe?
Enkelin: Nö!
Opa (ernst): Den Ukraine-Krieg, die Pandemie, den Mauerfall… Nein, das ist nicht selbstverständlich! (fast ein bisschen feierlich) Ich finde es so schön, dass die GED so viel gebracht hat.
Enkelin: Aber wie war das denn damals?
Opa (seufzend): Es war eine Schande! 2 Euro 30 der Liter Benzin. (mit geballter Faust) 2 Euro 30! Und dann war’s einfach genug. Dem Herr P. musst ich Einhalt gebieten. Ich bin an die Front in der Ukraine, im Donbass.
Enkelin: Gab es da viele Tote?
Opa: Nicht wenige! (klagend) Oh nein, diese Russen!
Enkelin (sichtlich bewegt): Puh, ich bin froh, dass diese Zeit hinter uns liegt!
Opa: Da bin ich auch froh. Alles dank der GED!
Szenensprecherin: Deutschland, ja die Welt hat augenscheinlich eine glückliche Zeitenwende erfahren. Aber tauchen wir noch etwas tiefer ein in den Alltag der Menschen im Jahr 2045!
3. Akt: Am Wahltag
In einem Büro arbeiten drei Kollegen an Holgrammbildschirmen. Plötzlich bekommt der ältere auf seiner Holo-Watch ein Erinnerungssignal.
Älterer Kollege (euphorisch): Mensch, heute ist Bundestagswahl! Das hab ich ja ganz vergessen.
Junger Kollege: Ich auch. Ich wüsste aber eh nicht, wen ich wählen sollte. Wen wählt ihr denn?
Mittlerer Kollege: Ich wähl GED!
Junger Kollege: GED?
Älterer Kollege: Ja, die Gemeinschaftliche Einheitspartei Deutschlands. Ich geb denen schon seit fast 20 Jahren meine Stimme.
Junger Kollege: Was machen die denn so?
Älterer Kollege: Nur dank dieser Partei können wir an Volksabstimmungen teilnehmen. Wir entscheiden über die großen Grundsatzfragen der Gesellschaft, die Politiker nur über das Kleinklein.
Junger Kollege: Da klingt ja gar nicht schlecht.
Mittlerer Kollege: Das ist wunderbar! Und in diesem Jahr wähle ich die noch viel lieber. Sie wollen Freibier einführen
Junger Kollege: Freibier?
Mittlerer Kollege: Ja Freibier, für alle Bürger, ein Leben lang!
Junger Kollege: Das klingt herrlich!
Älterer Kollege: Und seit wir die haben, gibt es kein einziges Verbrechen mehr. Und das schon seit 20 Jahren. Und sogar den Terrorismus haben sie beendet. Da sind wir alle sehr stolz drauf.
Mittlerer Kollege: Und die haben für alle gleiche Löhne eingeführt, bei gleicher Arbeitsleistung. Und deswegen sind alle zufrieden.
Junger Kollege: Das ist wirklich wunderbar. Ich glaub, ich wähl auch die GED.
Älterer Kollege (dem jungen auf die Schulter klopfend): Das ist gut!
Die drei Kollegen geben über ihre Holo-Watch ihre Wahlstimme ab.
Junger Kollege: Jetzt lad ich euch erst mal auf ein Freibier ein!
Alle lachen und der junge Kollege bestellt über seine Holo-Watch einen Kasten Bier, der binnen 5 Minuten von einer Art fliegenden Transportkiste ins Büro geliefert wird.
4. Akt: The Baby Company
Ein junges Pärchen besucht eine Filiale der „Baby Company“, die in zahlreichen deutschen Städten vertreten ist.
Kunde: Guten Tag!
Kundin: Hallo!
Verkäufer: Hallo!
Kunde: Wir hätten Interesse an einem Kind. Haben Sie irgendwas im Angebot?
Verkäufer: Gerne! Ich zeig Ihnen jetzt mal unsere besten Modelle. Hier sehen Sie den D6 – muskulös, gutaussehend, jung und mit roten Haaren! Hier der D7! Er ist schon etwas älter und nicht so muskulös, aber seine Schlauheit ist enorm. Er ist also für Bürojobs perfekt geeignet.
Kunde: Also ich bevorzuge das erste, muskulöse Exemplar. Und du, mein Chipchen?
Kundin: Ich weiß ja nicht. Kann man da irgendwas mit den Haaren machen?
Kunde: Ja kurze Haare würden gut aussehen.
Verkäufer: Also ich berate mich mal kurz mit meinem Labortechniker.
Kunde: Ja bitte machen Sie das!
Der Verkäufer verschwindet in den Laborraum, der neben dem Verkaufsraum liegt, und konsultiert den Techniker, einen Nerd mit Nickelbrille und langen, zausigen Haaren.
Verkäufer: Sag mal, können wir dem D6 kurze Haare verpassen?
Labortechniker (etwas missmutig): Na ja, theoretisch geht fast alles…
Verkäufer (ihm kräftig auf die Schulter klopfend): Ach, du kriegst das schon hin!
Labortechniker: Ok, gib mir eine Minute!
Verkäufer (zurück im Verkaufsraum und mit heiterer Mine): Also mein Techniker hat gesagt, das ist gar kein Problem. Das machen wir!
Kunde: Na dann kommen wir mal zum Preis.
Verkäufer: Also Sie sehen schon, ein extrem gutes Modell! Und das kostet zum heutigen Zeitpunkt 500.000 Hugo Coins, also eigentlich ’n Schnäppchen!
Kunde: Chipchen, das machen wir!
Kundin: Gut!
Verkäufer: Eine sehr gute Entscheidung!
Nur kurze Zeit später führt der Labortechniker den mit einer Genschere modifizierten D6, einen kräftigen und kurzhaarigen Jungen im Alter von schätzungsweise 5 Jahren in den Verkaufsraum. Als das Kind das Pärchen sieht, fängt es wie programmiert zu grinsen an.
Wunschkind: Mama, Papa!
Kunde und Kundin (gerührt): Unser neuer Sohn!
Lektorat: sb