Die stille Welt

Ein Zeitreisebericht einer 10. Klasse des eo.plauen in Plauen vom 11. bis 12. Juli 2022


Wir schreiben das Jahr 2045

Die Kluft zwischen Arm und Reich ist so groß geworden, dass die Menschheit einen radikalen Schritt gewählt hat: Während die ärmeren Schichten auf der Erde zurückgeblieben sind, haben die Reichen die Reise ins Weltall angetreten und sich auf den Weg zu einem neuen, der Erde ähnlichen Planeten gemacht. Auf dem neuen Planeten angekommen, haben die Reichen eine Gesellschaft errichtet, in der jeder entsprechend seines Vermögens ein eigenes Grundstück mit Haus und ein fliegendes Auto zugewiesen bekommen hat.

Auf der alten Erde, auf der die armen Menschen zurückgeblieben sind, hat die Flucht der Reichen dazu geführt, dass Unterdrückung und Ungerechtigkeit zurückgegangen sind. Wenngleich der Wohlstand hier etwas niedriger als auf dem neuen Planeten der Reichen ist, werden die verbleibenden Ressourcen und Mittel für die Bildung und Gesundheitsversorgung aller Menschen genutzt.

Grund für die faire Verteilung von Wohlstand und Ressourcen ist die technokratische Regierung UWA (United World Association), die von beiden Welten akzeptiert wird und dafür sorgt, dass beide Planeten gerecht und ausgewogen verwaltet werden. Im Ergebnis hat sich auf der alten Erde eine ärmere, kollektivistisch und sozialistisch geprägte Gesellschaft gebildet, während der neue Planet der Reichen stärker von Individualismus und Kapitalismus geprägt ist.

Diese unterschiedlichen Kulturen haben dazu geführt, dass trotz Wohlstandsunterschiede kaum Neid oder Missgunst zwischen beiden Planeten herrschen und die gesellschaftliche Zufriedenheit insgesamt hoch ist. Außerdem sind beide Welten voneinander isoliert und können trotz fortschrittlicher Telepathie-Kommunikation kaum miteinander in Kontakt treten. Ein weiterer Nebeneffekt der Aufteilung der Bevölkerung war, dass sich Klima und Natur auf der Erde erholen konnten.



Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…

1. Akt: In der Kommandozentrale der UWA

 Handelnde Personen:  

  • Prof. Dr. Dr. Silent  
  • Dr. Silent  

In der Kommandozentrale der United World Association beginnt die Frühschicht der Kommunikationsüberwachung.

Dr. Helfer: Guten Morgen Herr Prof. Dr. Dr. Silent!

Prof. Dr. Dr. Silent: Guten Morgen, Herr Dr. Helfer.

Dr. Helfer: Schöner Tag heute, bestimmt wird nicht viel los sein.

Prof. Dr. Dr. Silent: Das werden wir sehen, Herr Dr. Helfer.

Auf einmal ertönt ein Alarmsignal.

Dr. Helfer: Prof. Dr. Dr. Silent! Wir orten ein Gespräch!

Prof. Dr. Dr. Silent: Lassen Sie hören! Was gibt es?

Dr. Helfer: Wir zeichnen eine telepathische Übertragung auf! Ich glaube, jemand von der Erde versucht mit jemandem vom neuen Planeten zu kommunizieren. Wie kann das sein? Kommunikation zwischen beiden Planeten ist verboten und eigentlich nicht möglich! Mit den Chips, die allen Menschen eingepflanzt worden sind, kann nicht zwischen den Planeten kommuniziert werden, um Neid und Missgunst zu verhindern und den Frieden zwischen beiden Welten zu bewahren.

Prof. Dr. Dr. Silent: Bewahren Sie Ruhe, Dr. Helfer! Wir müssen schnell handeln. Die betreffenden Personen brauchen ein Update ihrer Telepathie-Chips.

Dr. Helfer: Verstanden. Ich deaktiviere die Chips beider Personen.

Prof. Dr. Dr. Silent: Für das Update müssen wir die Personen aufsuchen. Wir fangen mit der Erde an. Identifizieren Sie die Person und machen Sie einen Transporter startklar. Wir beide werden uns persönlich um das Update kümmern.

Dr. Helfer: Verstanden, Prof. Dr. Dr. Silent!


2. Akt: Behandlungszimmer auf der Erde

 Handelnde Personen:  

  • Prof. Dr. Dr. Silent  
  • Dr. Helfer  
  • Patient 187  

Prof. Dr. Dr. Silent und Dr. Helfer haben die Erde erreicht. Die Person, die illegal mit dem neuen Planeten der Reichen telepathisch kommuniziert hat, wurde bereits ausfindig gemacht und in ein Behandlungszimmer gebracht.

Prof. Dr. Dr. Silent: Sie sind also Patient 187. Bevor wir mit dem Update ihres Chips fortfahren: Wie ist es Ihnen gelungen, mit einem Menschen auf dem Planet der Reichen in Kontakt zu treten?

Patient 187: Ich weiß es nicht! Auf einmal stand ich in Kontakt mit einer Person, die ich nicht kannte und mit der ich noch nie zuvor Gedanken ausgetauscht hatte.

Dr. Helfer: Worüber haben Sie sich ausgetauscht? Sagen Sie schon!

Patient 187: Ich habe ihm vom Leben auf der Erde erzählt und dass wir hier nicht viel haben, aber dafür alle gleich sind und in Harmonie leben. Er hat mir vom Leben der Reichen erzählt und gesagt, dass alle Menschen auf ihrem Planeten mit fliegenden Autos unterwegs, sehr extravagant sind und im Leben alles erreichen können, wenn sie nur wollen. Ich fand das sehr interessant und wollte mehr wissen.

Dr. Helfer: Aus gutem Grund ist es verboten, dass Menschen beider Planeten miteinander in Kontakt treten! Der Austausch zwischen beiden Arm und Reich führt nur zu Missgunst und Neid!

Patient 187: Aber ich wusste doch gar nicht, wie mir geschieht! Ich schwöre, ich habe nichts an meinem Telepathie-Chips verändert. Auf einmal war ich in Kontakt mit dem neuen Planeten der Reichen!

Prof. Dr. Dr. Silent: Wir haben ihren Chip vorläufig deaktiviert und jede weitere Kommunikation unterbunden. Allerdings konnten wir auch keine Veränderungen am Chip feststellen. Vermutlich muss es sich um einen Fehler in der Hardware gehandelt haben. Wir werden ihren Chip aktualisieren, um sicherzustellen, dass so etwas nie wieder vorkommt. Danach können Sie wieder gehen. Sie werden niemandem von diesem Vorfall erzählen, verstanden?

Patient 187: Aber… aber natürlich! Ich verspreche es!


3. Akt: Im Restaurant auf dem neuen Planeten der Reichen

 Handelnde Personen:

  • Geschäftsmann 1  
  • Geschäftsmann 2  
  • Kellner-Roboter  

Zwei reiche Geschäftsmänner treffen sich in einem schicken Restaurant auf dem Planet der Reichen. Ein automatisierter Kellner-Roboter gleitet an den Tisch heran und nimmt die Bestellung der beiden wortlos per Telepathie auf.

Geschäftsmann A: Ich nehme den Kaviar und dazu den Weißwein.

Kellner-Roboter: Gerne, mein Herr. Und für Sie?

Geschäftsmann B: Für mich das Lachs Risotto und ebenfalls einen Weißwein.

Kellner-Roboter: Aber natürlich.

Der Kellner-Roboter gleitet davon.

Geschäftsmann A: Du glaubst nicht, was mir neulich passiert ist…

Geschäftsmann B: Ach ja? Was denn?

Geschäftsmann A: Als ich gerade in mein fliegendes Auto gestiegen bin, um zum nächsten Verkaufstermin für Exportgüter für die alte Erde zu fliegen, hat auf einmal eine unbekannte Person telepathischen Kontakt mit mir aufgenommen. Und zwar nicht irgendeine Person, sondern jemand von der alten Erde!

Geschäftsmann B: Was?! Das kann nicht sein! Das ist streng verboten und noch dazu technisch unmöglich!

Geschäftsmann A: Ich weiß, aber ich schwöre dir, es war jemand von der alten Erde! Er hat gefragt, wie wir hier so leben und ob es stimmt, dass wir uns alle in fliegenden Autos fortbewegen. Kannst du dir das vorstellen? Er konnte kaum glauben, dass hier so gut wie niemand mehr zu Fuß unterwegs ist!

Beide Geschäftsmänner müssen laut lachen.

Geschäftsmann B: Also ich wusste ja von früher, als wir die alte Erde verlassen haben, dass es übel aussieht mit den armen Menschen dort. Aber inzwischen müssen dort selbst dort fliegende Autos der Standard sein!

Geschäftsmann A: Scheinbar nicht. Dafür hat er mir erzählt, dass sich die Natur erholt hat und die meisten Menschen trotz des niedrigen Lebensstandards ziemlich zufrieden leben.

Geschäftsmann B: Zufrieden leben? Ohne fliegende Autos und luxuriöse Restaurants?

Geschäftsmann A: Das hat er zumindest gesagt. Er wirkte auch recht glücklich. Dann ist leider die Telepathie-Verbindung abgebrochen.

Geschäftsmann B: Hmmm, wenn ich so darüber nachdenke, vermisse ich auch die grünen Wiesen und blauen Seen der Erde… Aber wie kam es, dass du mit ihm Verbindung aufnehmen konntest?

Geschäftsmann A: Ich weiß es nicht. Es muss ein Hardware-Fehler gewesen sein. Kurze Zeit später erhielt ich Besuch von zwei Wissenschaftlern, ich glaube, sie waren Mitglieder der UWA. Sie haben meinen Telepathie-Chips aktualisiert und sich für die Unannehmlichkeiten entschuldigt. Und mich gebeten, nichts vom Inhalt des Gesprächs zu erzählen. Bitte sag niemandem, was ich dir gerade berichtet habe!

Geschäftsmann B: Na gut. Würde mir wahrscheinlich eh niemand glauben. Ein glückliches Leben ohne fliegende Autos und Kaviar, dass ich nicht lache!


Redaktion: km