Kapsel ED 735

Ein Zeitreise-Bericht der Klasse FE 20a des BSZ Grimma vom 4. bis 5. Juli 2022


Wir schreiben das Jahr 2045

Es ist 2045, die Zeitmaschine hat uns in Kapsel ED 735 geführt. Kapsel ED 735 ist eine von unzähligen Kuppeln, die die Menschheit errichtet und unter der sie Zuflucht vor den Auswirkungen des Klimawandels gefunden hat. Obwohl Dürren und andere Naturkatastrophen allgegenwärtig sind, sichern die Kuppeln das Überleben der Zivilisation. Hier ist alles digitalisiert und die Bevölkerung wird rundum versorgt: Nahezu alle Menschen haben einen Job, jeder ist automatisch und umfassend krankenversichert, alle kommen in den Genuss guter Bildung und ökologisch angebaute Lebensmittel gewährleisten eine gesunde und hochwertige Ernährung für jedermann. Technologische Innovationen in der Robotik haben dazu geführt, dass Haushaltsroboter und Drohnen die Menschen im Alltag unterstützen.

Die Gesellschaft unter der Kuppel ist allerdings zwiegespalten: Einerseits herrscht ein hoher gesellschaftlicher Zusammenhalt, was nicht nur daran liegt, dass die soziale Ungleichheit sehr gering ist, sondern auch, dass die Bevölkerung mit dem Überleben des Klimawandels ein größeres gemeinsames Ziel hat. Außerdem besitzen alle Menschen die gleichen Rechte und Pflichten und haben aufgrund des begrenzten Platzes in Kapsel ED 735 zumeist gar keine andere Möglichkeit, als in Harmonie zusammenzuleben.

Andererseits herrscht unter der Bevölkerung trotz des hohen gesellschaftlichen Zusammenhalts ein starkes Misstrauen gegen Politiker und die Regierung. Grund dafür ist, dass die herrschende Partei „Bürgerliche Vereinigung Deutschland (BVD)“ und die Oppositionspartei „Die Rosanen“ demokratische Verhältnisse nur zum Schein aufrechterhalten und in Wahrheit ein Kartell zur Unterdrückung der Bevölkerung etabliert haben. Als herrschende Klasse kontrollieren sie die Medien und die öffentliche Meinung. Umfassende Überwachung der Menschen, beispielsweise durch Drohnen, eingepflanzte Chips oder die Abschaffung des Bargeldes, ist an der Tagesordnung.

Proteste und Demonstrationen werden im Keim erstickt und durch gezielte Verminderung der sozialen Kontakte der Menschen erschwert. Wahlen finden zwar noch regelmäßig statt, werden jedoch geschickt manipuliert oder gar gefälscht. BVD und die Rosanen argumentieren, dass die restriktive Politik nötig sei, um den sozialen Frieden in der Kuppel und das Überleben der Menschheit zu sichern, doch in der Bevölkerung hat sich inzwischen ein tiefes Gefühl der Ohnmacht und Unterdrückung ausgebreitet.



Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…

1. Akt: Bürgerversammlung

 Handelnde Personen:  

  • Maria Smith – Politikerin  
  • Wutbürger  
  • Wutbürgerin  

In der Zentralhalle von Kapsel ED 735 haben sich zahlreiche Menschen versammelt, nachdem die öffentliche Verlautbarung neuer Gesetze angekündigt worden ist. Zwei aufgebrachte Bürger unterhalten sich.

Wutbürger: Weißt du, was ich gehört habe? Die da oben manipulieren die Wahlen!

Wutbürgerin: Dann brauchen wir in Zukunft ja auch nicht mehr wählen gehen…

In diesem Moment betritt Maria Smith, Politikerin der herrschenden BVD, die Bühne und blickt über die Menschenmenge.

Maria Smith: Guten Tag, liebe Bürgerinnen und Bürger. Wie sie vielleicht bereits wussten, wird die Regierung heute ein neues Gesetz einführen. Dieses neue Gesetz besagt, dass ab sofort jeder Bürger einen Chip im Körper tragen muss. Jeder, der bisher noch keinen Chip implantiert hat, ist verpflichtet, sich unverzüglich in einem der öffentlichen Krankenhäuser einen solchen Chip einsetzen zu lassen. Das gilt auch für Kinder. Neugeborenen wird direkt nach der Geburt ein Chip eingepflanzt. Das Gesetz gilt ab sofort, Nichtbefolgen wird mit Gefängnis bestraft und führt dazu, dass die Behörden den Chip unter Zwang einsetzen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Wutbürger: Und wieder interessiert es keinen, was die einfachen Bürger denken! Wir wollen das nicht!

Der aufgebrachte Bürger wendet sich zu seiner Bekannten.

Wutbürger: Siehst du, unsere Meinung wird einfach nicht gehört.

Wutbürgerin: Ja, da hast du Recht. Sieht so aus, als hätten wir keine Wahl. Wenn wir uns den Chip nicht „freiwillig“ einsetzen lassen, kommen wir ins Gefängnis und werden dann zum Einsetzen gezwungen. Wirklich toll, wie die Regierung mit uns umgeht!


2. Akt: In einem normalen Haushalt

 Handelnde Personen:  

  • Mutter  
  • Annabelle (Kind)  
  • KI-5 (Haushaltsroboter)  

In einem durchschnittlichen Haushalt, wie er für Kuppel ED 735 typisch ist, kommt das kleine Mädchen Annabelle ins Wohnzimmer gerannt.

Annabelle: Hallo Mama, wollen wir spielen?

Mutter: Na komm, aber nur kurz, ich muss gleich auf Arbeit. Was möchtest du denn spielen?

Annabelle: Ich will mit meinen Puppen spielen!

Die beiden spielen für eine Weile auf dem großen Teppich mit Annabelles Puppen.

Annabelle: Mama, liest du mir noch was vor?

Mutter: Das macht der Roboter KI-5. Ich muss jetzt auf Arbeit.

Annabelle: Ach Mann, immer der blöde Roboter… Warum musst du immer so viel arbeiten?

Mutter: Ich bin ja heute Abend wieder da. Habt viel Spaß zusammen!

Wie auf Kommando tritt KI-5, ein weit verbreitetes Haushaltsroboter-Modell, aus der Ecke des Raumes und wendet sich dem Kind zu.

KI-5: Hallo, Annabelle. Wie kann ich dir helfen?

Annabelle: Hallo, Roboter. Räum auf…

Der Haushaltsroboter geht zum Teppich und räumt die Spielsachen, mit denen Annabelle gerade eben noch mit ihrer Mutter gespielt hat, in eine Kiste.

Annabelle: Roboter, kannst du mir was aus meinem Buch vorlesen?

KI-5: Aber natürlich.

Der Haushaltsroboter setzt sich auf das Sofa, öffnet Annabelles Buch und beginnt, vorzulesen.

KI-5: Lieber Bruder, borge mir ein wenig Fleisch, wir haben nichts im Haus zum Feiertag. Der reiche Bruder warf ihm die Hufe der geschlachteten Kuh hin und rief: „Da, nimm sie und scher dich in den Wald zum Waldschrat Hisi…“

Annabelle: Das ist mir zu langweilig… Hör auf und räum’s weg, wir müssen noch Hausaufgaben machen.

KI-5: Ich habe verstanden. Welche Hausaufgaben musst du denn machen?

Annabelle: In Mathe. Hol mir doch bitte die Aufgabenblätter.

KI-5 holt ein paar Aufgabenblätter aus Annabelles Zimmer.

KI-5: Hier sind die Mathehausaufgaben.

Annabelle: Hier ist die erste Aufgabe. Lies mir vor, was dort steht.

KI-5: Fünf plus eins ist gleich?

Annabelle: Ich verstehe die Frage nicht, erklär mir das.

KI-5: Du hast fünf Äpfel. Deine Mutter bringt dir einen weiteren Apfel. Wie viele Äpfel hast du jetzt?

Annabelle: Na, zwei Äpfel.

KI-5: Die Antwort ist falsch.

Annabelle: Erklär’s mir nochmal.

KI-5: Du hast fünf Äpfel. Zähl an den Fingern nach.

Annabelle: Eins, zwei, drei, vier, fünf.

KI-5: Deine Mutter bringt dir einen weiteren Apfel mit. Wie viele hast du? Zähle nochmal an den Fingern nach.

Annabelle: Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs. Sechs Äpfel.

KI-5: Die Antwort ist korrekt. Sehr gut, Annabelle.

Annabelle: Roboter, du bist einfach so schlau!


3. Akt: Aufzuchtlabor für Lebensmittel

 Handelnde Personen: 

  • Arbeiter  
  • Arbeiterin  
  • Aufseher  

In einem Aufzuchtlabor für Lebensmittel, in dem Obst und Gemüse weiterentwickelt und ökologisch angebaut werden, tuscheln zwei Arbeiter miteinander.

Arbeiter: Weißt du, was ich mir gestern gekauft habe?

Arbeiterin: Ne, was denn?

Arbeiter: (flüstert) Ich habe mir einen richtig guten Whiskey besorgt.

Arbeiterin: Wow, echt?! Alkohol ist doch inzwischen verboten.

Arbeiter: Ich weiß. Aber wenn du willst, können wir den später zusammen trinken.

Arbeiterin: Ja, gern!

Arbeiter: Ich habe ihn sogar dabei. Hier, schau!

Der Arbeiter holt eine kleine Flasche aus der Tasche und zeigt sie seiner Kollegin. In diesem Moment kommt einer der Aufseher der Regierung um die Ecke und erblickt die beiden. Unauffällig versucht der Arbeiter die kleine Flasche mit dem Whiskey hinter einen der Pflanzenkübel fallen zu lassen. Doch es ist zu spät, der Aufseher hat die Flasche bemerkt.

Aufseher: Hey! Heben Sie das auf! Sofort!

Arbeiter: Ja, wird gemacht, immer mit der Ruhe.

Aufseher: Geben Sie mir ihren linken Arm her.

Der Arbeiter streckt dem Aufseher widerwillig seinen linken Arm hin, der einen Scanner an das Handgelenk hält und den Chip des Arbeiters ausliest.

Aufseher: Sie haben gestern Drogen gekauft!

Arbeiter: Was? Woher wollen Sie das wissen?

Aufseher: Weil sie mit ihrem Chip bezahlt haben. Ich muss Sie bitten, mit mir mitzukommen. Und Sie da, arbeiten sie weiter!

Der Aufseher führt den Arbeiter ab. Die Arbeiterin bleibt schockiert zurück.

Arbeiterin: Meine Güte, jetzt muss er ins Gefängnis, nur weil er ein bisschen Whiskey besorgt hat? Das kann doch nicht wahr sein!


Redaktion: km