Ein Zeitreise-Bericht der Klasse BGY22G1 des BSZ Delitzsch vom 3. bis 4. November 2022
Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…
1. Akt: Am Küchentisch
Die Familie trifft sich am Küchentisch, nachdem die Mutter von der Arbeit nach Hause gekommen ist. Sie ist die Alleinverdienerin in der Familie, nachdem der Arbeitsplatz des Vaters nach einer neuen Quotenregelung gestrichen wurde.
Luca (seufzt): Ich bin so enttäuscht von dieser Regierung. Hier scheint es keine Zukunft für uns zu geben. Die Digitalisierung bedroht auch schon viele Arbeitsplätze und es gibt kaum Perspektiven auf neue Jobs. Nun kommt auch noch der Quotenquatsch dazu.
Zara: Beruhige dich, Schatz. Ich arbeite hart, um uns ein besseres Leben zu ermöglichen. Früher waren das eben vermehrt Männer, doch ich kann das auch. Aber ich gebe zu, dass die Roboter immer mehr Kollegen um mich herum ersetzen. Irgendwann wird es wohl auch mich treffen.
Luca: Aber was ist mit unseren Kindern? Sie sollen doch auch eine Chance haben. Doch in dieser Welt bestimmen Algorithmen, wer nützlich ist und wer nicht.
Kim: Papa, was ist los? Warum regst du dich so auf? Mama hat doch noch eine Arbeit.
Zara: Ja, beruhige dich. Unsere Kinder wachsen in der neuen Realität auf und lernen dort, ihren Weg zu gehen. Sie werden es später auch schaffen. Da bin ich mir sicher.
Harry: Ja. Aber wie soll ich denn eine Chance haben, wenn nun alle Unternehmen mindestens 50% Frauen einstellen sollen? Da gibt es doch weniger Chancen für mich.
Kim: Harry, jetzt überleg doch mal. Jahrzehntelang waren Frauen in vielen Bereichen unterrepräsentiert. Ich finde es gut, dass die Regierung nun unseren Aufstieg fördert. Wir müssen den Zustand unserer Gesellschaft reflektieren, sonst werden die Ungerechtigkeiten immer wieder reproduziert.
Luca: Ja, aber man sollte doch bitte nicht so rigoros verfahren. Ich habe schließlich mein ganzes Leben auf die Karriere im Verkaufsbusiness hingearbeitet und nun habe ich nichts mehr. Das Bürgergeld, das nun alle bekommen, ist ja schön und gut, aber ich fühle mich trotzdem hintergangen.
Zara: Luca, ich bin wirklich dankbar, dass du dich nun um den Haushalt kümmerst. Ich schaffe das gerade nicht noch neben der Arbeit. Für diese Lebensmodelle sollte es gesellschaftlich viel mehr Anerkennung geben.
Luca: Ich habe mich ja auch damit abgefunden, aber ganz gerecht finde ich es immer noch nicht.
Luca geht deprimiert in die Küche, um Ordnung zu machen.
2. Akt: Beim Doktor
Für eine effektive Verteilung von Arbeitsplätzen werden junge Menschen vor ihrem Schulabschluss gemustert, um das geistige Potenzial mithilfe einer künstlichen Intelligenz zu bewerten. Hiernach können Zuweisungen für einen bestimmten Tätigkeitsbereich ausgesprochen werden.
Doktor: Hallo Harry. Schön, dich zu sehen. Ich erinnere mich noch, wie ich dich als kleinen Bub untersucht habe. Du hast dich wirklich gut entwickelt. Nun musst du den Test bestehen, den ich leider nicht mehr persönlich durchführe. Dafür wurde mir nun eine künstliche Intelligenz zur Seite gestellt. Nach ihrem Urteil muss ich mich richten.
Luca (seufzt): Ach du je. Nun sind wir schon so weit, dass wir dem Urteil eines Doktors nicht mehr vertrauen dürfen. Diese Digitalisierung zusammen mit dem Programm der Regierung schafft doch nur Probleme. Ich möchte, dass mein Sohn selbst entscheiden kann, was er später machen möchte.
Harry: Vater, reg dich nicht auf. Ich werde den Test schon gut bestehen, denn ich habe mich darauf die letzten Monate intensiv mit kognitivem Training vorbereitet. Wenn es nun mal diese neuen Regelungen und Verfahren gibt, muss ich eben besser sein als die anderen, um den Weg zu gehen, den ich mir wünsche.
Doktor: Gut, Harry. Ich sehe, du hast dich gut vorbereitet. Ich setze dir jetzt diese VR-Brille auf und das Programm startet automatisch. Zwei Minuten später sollte dann das Ergebnis vorliegen.
Die künstliche Intelligenz wertet Harrys Gehirnaktivitäten aus und erstellt eine Beurteilung. Diese wird automatisch im persönlichen Bürger-Profil hinterlegt sowie dem Doktor zur Unterschrift empfohlen.
Luca: Na, mein Sohn, wie war es? Hat sich deine Vorbereitung gelohnt?
Harry: Das weiß ich nicht. Ich hatte das Gefühl, dass ich dem Programm nichts vorspielen kann, denn die Fragen und Aufgaben wurden automatisch auf mein Unterbewusstsein projiziert und die Antworten abgelesen, ohne dass ich groß Einfluss nehmen konnte. Ich hoffe zumindest, dass es dafür reicht, irgendeine Lehrstelle zu bekommen, und ich nicht sofort in die Bürgergeld-Kategorie falle.
Doktor: Das Ergebnis ist da. Harry, du hast Glück. Du darfst eine Erzieherausbildung beginnen. An deiner Stelle würde ich das Angebot annehmen, denn viele Möglichkeiten wird es in der Zukunft nicht mehr geben. Auch die Kindererziehung soll nun immer mehr durch die künstliche Intelligenz und Hilfsroboter in den Einrichtungen übernommen werden.
Luca: Oha, früher hätte ich mich geweigert bei so einem Angebot, doch wenn es die einzige Möglichkeit ist, sollten wir sie nutzen.
Harry willigt ein und ist froh, dass sein Vater nichts dagegen hat. Hat sich die viele Mühe am Ende doch gelohnt.
3. Akt: Zu Hause am Küchentisch
Voller Spannung warten Mutter und Schwester auf die Testergebnisse von Harry.
Zara: Mein Sohn, wie lief die Prüfung heute? Hast du eine Empfehlung bekommen?
Harry: Ja Mutter, ich darf eine Erzieherausbildung beginnen. Auch wenn es nicht das ist, was ich mir vorgestellt habe, werde ich es doch annehmen. Anderenfalls falle ich automatisch in die Bürgergeldkategorie und hätte kaum noch Chancen auf einen regulären Arbeitsplatz.
Kim: Siehst du, Harry, das Programm hat dir eine Chance gegeben und die Kindererziehung ist eine verantwortungsvolle Aufgabe für unsere Gesellschaft. Ich bin sicher, dass du einen tollen Job machen wirst.
Luca: Ich weiß ja nicht, wo uns das noch hinführen soll. Jetzt soll mein Sohn auch Teil dieses großen gesellschaftlichen Experiments werden. Vielleicht bin ich hier der einzige Verlierer dieser Zukunftsentwicklung.
Harry: Ach Vater, sei nicht immer so schwarzmalerisch. Dinge verändern sich. Das ist der Lauf der Zeit und wir kleinen Menschen können da nur wenig Einfluss nehmen. Ich denke, dass wir auf eine bessere Zukunft zusteuern, in der uns die Technik viel Arbeit abnehmen wird. Doch wir als Gesellschaft müssen auch mental aufgeschlossen und bereit dafür sein, immer wieder neue Potentiale zu entdecken.
Luca winkt ab, denn er merkt, dass er mit seiner skeptischen Meinung alleinsteht. Wenn selbst seine Familie die gesellschaftlichen Veränderungen begrüßt, bleibt ihm wohl kaum mehr, als sich einfach anzupassen.
Redaktion: sm.