Die Zukunft des Grundgesetzes

Ein Zeitreise-Bericht der Klasse BGY22G1 des BSZ Delitzsch vom 3. bis 4. November 2022

Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…

1. Akt: Im Bundestag

 Handelnde Personen:  

  • Erika Müller – Abgeordnete
    der Deutschen Volkspartei  
  • Mara Salimanić – Abgeordnete   
    der Freien Demokraten  
  • Franziska – Freundin  
  • Laura – Freundin  

Es werden Wahlwerbespots vor den anstehenden Bundestagswahlen ausgestrahlt.

Erika Müller: Ich bin Erika Müller von der Volkspartei Deutschland. Wir werben für eine Reform des Grundgesetzes, das nicht weiter wie in Stein gemeißelt den Fortschritt in unserem Land blockieren soll. Unserer Meinung nach sollte es mit einfachen Mehrheiten geändert werden können, um besser auf aktuelle Herausforderungen reagieren zu können. So wäre angesichts der grassierenden Gewalt und Kriminalität die Wiedereinführung der Todesstrafe zu überlegen, die einen deutlichen Abschreckungseffekt mit sich bringen würde. Die aktuelle Regierung tut viel zu wenig, um uns in dieser immer unsicherer werdenden Welt zu beschützen.

Mara Salimanić: Wir Freie Demokraten treten den Forderungen der Volkspartei entschieden entgegen, das Grundgesetz faktisch abzuschaffen. Denn nichts anderes bedeutet die Forderung, es nach Gutdünken mit einfachen Mehrheiten verändern zu können. Das Grundgesetz garantiert unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaftsordnung seit der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges vor genau 100 Jahren. Sie wollen diese nun über Bord werfen und denken sogar daran, die Todesstrafe wiedereinzuführen. Das ist wirklich brandgefährlich. Wir werben dafür, weiter gemeinsam und besonnen in die Zukunft zu gehen.

Die Freundinnen Laura und Franziska unterhalten sich angeregt vor dem Fernseher.

Laura: Hast du das gehört? Die Volkspartei will quasi das Grundgesetz abschaffen und die Todesstrafe wiedereinführen und das in einer Zeit voller gesellschaftlicher Spannung. Wo soll das nur hinführen?

Franziska: Ja, diese Frage stelle ich mir auch. Doch ich finde, dass die Volkspartei hier ein Angebot macht. Wir müssen besser reagieren können auf Feinde von innen und außen. Denn die Konflikte in der Gesellschaft gibt es doch nicht einfach so. Da haben bestimmte Kreise ein großes Interesse daran und nutzen dann Menschen zu ihren Zwecken aus.

Laura: Wen meinst du damit? Solche Verschwörungstheorien sind wirklich schnell in der Welt, doch bewiesen werden sie dann doch nicht. Lass dich doch nicht so manipulieren, Franzi. Für alle Probleme der Welt gibt es eine Erklärung, also kann man auch konstruktiv und gemeinsam an ihrer Lösung arbeiten. Dafür braucht es mehr Bereitschaft zum Kompromiss.

Franziska: Ich denke, das wurde schon zu lange versucht. Wenn ich mich umschaue, wird es mit jedem Jahr schlimmer. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer, immer mehr Menschen kommen in unser Land und damit auch die Kriminalität. Dann werden wir im Sinne der Digitalisierung dazu gezwungen, immer mehr Daten zu teilen.

Laura: Aber denkst du denn nicht, dass wir einige dieser Dinge auch als Herausforderungen annehmen sollten, um daran gemeinsam zu wachsen? Ich werde jedenfalls nicht für die Volkspartei stimmen und rate dir, es ebenso zu tun.

Franziska muss los. Sie verabreden sich für den nächsten Tag und verabschieden sich.


2. Akt: In der Schule

 Handelnde Personen:  

  • Toni – Schüler  
  • Anton – Schüler  
  • Frau Ebert – Lehrerin  

Im Gesellschaftskundeunterricht werden die korrigierten Arbeiten ausgeteilt. Nach Bekanntgabe der Ergebnisse regt sich Unmut unter einigen Schülern.

Toni: Wieso werde ich so schlecht benotet? Das ist nicht fair. Ich habe doch meine Meinung klar begründet. Wenn diese Ihnen nicht passt, kann ich doch dafür nichts.

Anton: Frau Ebert. So geht das nicht. Ich weiß ganz genau, dass Sie mich wegen meiner Mutter nicht mögen. Dabei ist die wenigstens politisch aktiv und engagiert sich für unser Land. Sie wollen uns doch nur eintrichtern, was die Regierung Ihnen vorgibt.

Frau Ebert: Nun hört aber auf damit. Ich dulde diese Anschuldigungen nicht. Ich habe euch klar gesagt, welchen moralisch-ethischen Kompass ich für vertretbar halte. Das, was die Volkspartei vorschlägt und ihr scheinbar nachplappert, ist nicht mit den Werten des Grundgesetzes vereinbar.

Toni: Aber so geht das nicht. Wir haben eine Demokratie und keine Diktatur. Ich darf ja wohl bitte meine Meinung vertreten.

Frau Ebert: Ja, das darfst du, doch auch hier gibt es Grenzen. Das haben wir doch alles besprochen. Ich finde nicht, dass die Grenzen des Sagbaren immer weiter ausgetestet werden sollten.

Toni: Ich werde mir das merken. Und wenn sich die Regierung ändert, können Sie sicher sein, dass Sie Ihren Job hier verlieren. Das passt doch auch so schön zur Digitalisierung, vor der Sie immer so schwärmen.

Frau Ebert: Also das geht mir nun eindeutig zu weit. Ich schicke euch hiermit nach Hause und lade euch mit euren Eltern zum Gespräch mit dem Direktor vor.

Frau Ebert verlässt wütend den Klassenraum.


3. Akt: In der Schule beim Elterngespräch

 Handelnde Personen:

  • Anton   
  • Franziska Holz – Antons Mutter  
  • Frau Ebert – Lehrerin  
  • Herr Badrow – Schuldirektor  

Das Treffen findet online statt, da es aufgezeichnet werden soll, um möglichen strafbaren Aussagen vorzubeugen. Diese fallen in der letzten Zeit häufiger und sorgen bei den einfachsten Gelegenheiten in der Gesellschaft für handfesten Streit.

Herr Badrow: Guten Tag, ich habe Sie heute zu mir eingeladen, um den Vorfall von letzter Woche zu besprechen, als es unter anderem zwischen Anton und Frau Ebert zu einer Diskussion über die Notenvergabe kam.

Franziska Holz: Ich unterstütze meinen Sohn voll und ganz. Ich kann Ihnen sogleich versichern, dass es sein volles Recht ist, seine Meinung zu vertreten.

Frau Ebert: Das habe ich ihm ja auch erklärt, doch es gibt hier gewisse Grenzen. Und dazu aufzurufen, dass Grundgesetz abzuschaffen, geht einfach nicht.

Franziska Holz: Das ist doch Diskriminierung. Sie bestrafen meinen Sohn für seine politische Position und wahrscheinlich, weil ich seine Mutter bin und mich in der Stadt politisch engagiere.

Anton: Das habe ich auch schon bei anderen Gelegenheiten gemerkt. Manchmal wirkt es so, als stehe ich auf einer Blacklist, wenn ich Dinge in unsere Schulcloud bearbeiten möchte.

Franziska Holz: Was sagen Sie dazu, Herr Direktor?

Herr Badrow: Nun beruhigen Sie sich mal. Man kann doch über vieles reden. Wahr ist, dass wir über verschiedene Programme eine gedankliche Gemeinsamkeiten erreichen wollen, damit die Gesellschaft nicht weiter auseinanderdriftet. Glauben Sie mir, daran arbeiten die besten Wissenschaftler und Pädagogen des Landes. Das Programm nimmt auch abweichende Meinungen wie die Ihre auf und versucht, gleichzeitig einen Kontext zu geben, damit die Leute merken, wohin solch extreme Meinungen führen können.

Franziska Holz: Also ich finde das ungeheuerlich. Das ist ja wie in einer Diktatur. Wir wollen die absolute Demokratie. Was die Mehrheit will, das wird gemacht. Und ihr Umerziehungsprogramm kommt da sicherlich nicht mit durch.

Anton: Mutter, rede lieber nicht weiter. Nicht dass wir nachher noch verklagt werden und das Material gegen uns verwendet wird. Wenn wir erst die Mehrheit haben, werden wir mehr über unsere Pläne berichten…

Die Verbindung bricht ab.


Redaktion: sm.