Erdbeeren und VR-Unterricht

Ein Zeitreise-Bericht der Klasse FE21B (größtenteils) am BSZ Grimma (Workshop 26. – 27. Juni 2023)


Wir schreiben das Jahr 2045.

Es ist der 22. Dezember und es sind 17°C . Ich sitze in meinem Indoor-Garten und genieße den Geschmack der genmanipulierten Erdbeeren. Obst und Gemüse ist nicht mehr saisonal gebunden.

Heute geht es mir nicht so gut, meine KI behauptet, es wäre Brustkrebs, aber ich weiß, dass es nur eine Erkältung ist. Mit meinem Arzt tauschte ich mich über die VR Kommunikation aus, weshalb ich nicht am Unterricht hätte teilnehmen müssen. Dieser funktioniert aber über VR und darum habe ich dennoch daran teilgenommen, weil es um die neue Demokratie-App ging, mit der man auch wählen kann.

Wählen ist nämlich immer noch wichtig. Ich habe mich für die „Antikapitalistische Partei Deutschlands“ (AKPD) entschieden, weil der Staat seit der Elektronisierung verschwenderisch mit den Gütern umgegangen ist und auch meine Familie dazu neigt, zu viel zu kaufen. Mein zweites Kreuz ging an die Partei „Keiner macht’s allein“ (KMA), denn Werte wie Zusammengehörigkeit und Toleranz sind mir wichtig.

Studien über die vor 20 Jahren zurückliegende Corona-Pandemie haben gezeigt, dass Schüler durch virtuellen Unterricht einen höheren Wissenstand entwickelten, als im Präsenzunterricht. Durch die Nutzung der Medien ist die Bereitschaft der Teilnahme am Unterricht gestiegen, weshalb es weniger Schulabbrüche gibt. Außerdem war es eine effiziente Lösung, dem Lehrermangel entgegen zu wirken, da durch den VR Unterricht ein Lehrer mehrere Klassen beschulen kann.

Heute haben wir im Unterricht außerdem besprochen, dass das letzte Auto mit einem Diesel-Motor nun stillgelegt wurde. Somit fahren nur noch autonome und elektronische Fahrzeuge auf den Straßen.

Jetzt genieße ich die Weihnachtsferien. Mein nächster Eintrag folgt in 14 Tagen. Mach’s Atsche Apache, würden meine Eltern nun sagen.


1. Akt: Zuhause in der Küche

 Handelnde Personen:  

  • Frau Futura – Mutter  
  • Yara – Tochter  

Yara kommt morgens in die Küche, in der ihre Mutter, Frau Futura, bereits sitzt und etwas liest.

Frau Futura: Guten Morgen, mein Kind!

Yara (gähnt laut): Guten Morgen, Mama! Und, wie hast du geschlafen?

Frau Futura (munter): Gut, und du?

Yara (müde): Joah, es geht schon. Sag mal, hast du auch so Hunger wie ich?

Frau Futura: Ja, ich hätte richtig Lust auf… Erdbeeren… Gurken…

Yara: Dann lass uns doch in den Indoor-Garten gehen.

Sie gehen durch eine Tür und sind umgeben von Pflanzenregalen: Blumen, Gemüse, Obst…

Yara (deutet begeistert auf einen Salat in einem Regal): Oah, schau mal, der Salat sieht doch gut aus.

Frau Futura (nimmt den Salat): Dann gibt es etwas Salat zum Frühstück… Und dort, die Erdbeeren! (deutet auf ein anderes Regal)

Yara (probiert eine): Ja, die sind schon super. (pflückt mehr ab und blickt sich dann wieder um) Und die Blumen hier, die sind sooo schön.

Frau Futura: Ja, voll, die müssen wir heute noch gießen.

Yara (blickt auf eine Uhr): Klar, aber jetzt los, die Tagesschau fängt gleich an.

Die beiden eilen mit ihrer Ernte wieder in die Küche.


2. Akt: Tagesschau

 Handelnde Personen:  

  • Frau Futura – Mutter  
  • Yara – Tochter  
  • Juan Clever – Nachrichtensprecherin  

Frau Futura (mit Blick auf einen Bildschirm): Ah, es geht schon los.

Die beiden setzen sich an den Küchentisch und frühstücken ihre geernteten Pflanzen.

Juan Clever: Hier ist das erste Deutsche Fernsehen mit der Tagesschau. (Die Erkennungsmelodie ertönt.)

Juan Clever (seriös): Schönen guten Morgen, werte Mitmenschen. Mein Name ist Juan und ich heiße Sie herzlich willkommen zur heutigen Tagesschau am 22.12.2045.

Juan Clever: Nicht nur Weihnachten steht vor der Tür, sondern auch die Wahlen. Denn am sechsten Januar wählen wir unseren neuen Bundestag. Nun zum zweiten Mal darf ab 15 Jahren gewählt werden. Laut Umfragen der Demokratie-App liegt die Partei „Keiner macht’s allein“ mit 41 Prozent auf Platz 1, dicht gefolgt von der Partei „Freiheit für alle“ mit 32 Prozent.

Juan Clever: Auch dieses Jahr wird es also wieder spannend. Die vor vier Jahren neu eingeführte Wahl-App und das Gesetz zur gesenkten Wahlberechtigung ab 15 Jahren haben eine Erhöhung der Wahlbeteiligung zur Folge gehabt. Sie liegt nun bei 94 Prozent. Das ist ein Anstieg um 45 Prozent in den letzten 20 Jahren.

Frau Futura schaltet plötzlich den Ton leise, es macht „Düüt“.

Frau Futura (zu ihrer Tochter): Sag mal, hast du nicht Präsenzunterricht? Wir müssen zur Schule!

Yara (entsetzt): Oh nein, stimmt!

Beide springen überstürzt auf und eilen aus dem Haus. Sie springen in ein bereitstehendes Auto. Es hat kein Lenkrad.

Frau Futura (erleichtert): Gott sei Dank haben wir das autonome Auto.

Yara (mit Blick auf ihr Handy): Das Auto sagt, wir brauchen 10 Minuten.

Frau Futura: Ein Glück. Morgen hast du aber wieder virtuellen Unterricht, oder?

Yara: Ja.

Frau Futura: Geht deine VR-Brille? Hast du sie geladen? Mach das am besten heute Abend nochmal.

Yara (leicht genervt): Okay, Mama…

So lassen die beiden sich zur Schule fahren. Frau Futura geht danach noch einkaufen.


3. Akt: Schule

 Handelnde Personen:  

  • Frau Sopelpack – Lehrerin  
  • Yara – Schülerin  
  • Filiz – Schülerin  
  • Eve – Schülerin  

Yara und Filiz sitzen schon auf ihren Plätzen, und die Lehrerin Frau Sopelpack will gerade beginnen, da kommt Eve mit großem Gepolter hereingerannt und wirft sich auf einen Stuhl.

Eve (außer Atem): Tschuldigung, bin zu spät, wie immer.

Frau Sopelpack (ignoriert Eve): Einen schönen guten Morgen, liebe Schülerinnen. Ich freue mich, dass wir uns zu unserem monatlichen Präsenzunterricht treffen. Das heutige Thema ist die neue Wahl-App. Habt ihr davon schon gehört?

Yara (meldet sich): Ja, das kam heute im Fernsehen. Dass die Wahlen anstehen.

Filiz: Das ist doch Mist. Daran glaube ich nicht. Das ist eh alles manipuliert.

Eve (stolz): Also ich habe schon gewählt. Gestern. Mit meinem Papa zusammen.

Frau Sopelpack: Du wusstest also schon von der App.

Eve: Natürlich. Ich bin ja auch alt genug, um zu wählen. Geht ja jetzt ab 15.

Frau Sopelpack (an Filiz gewandt): Und was findest du daran so schlimm, Filiz?

Filiz (trotzig): Das ist eh alles manipuliert. Das läuft alles über die Technik, da weiß doch niemand, wie das funktioniert. Mein Papa hat mir erzählt, wie es früher war. Das war viel besser: Da ist man wirklich selbst ins Wahllokal gegangen und hat so richtig auf Papier was angekreuzt. Und das wurde dann danach ausgezählt, und wer wollte, konnte dabei zuschauen.

Frau Sopelpack: Das geht doch aber in dieser App auch. Soll ich dir das mal zeigen?

Filiz (sarkastisch): Dann zeigen Sie es mir doch bitte, Frau Popelsack.

Frau Sopelpack (übergeht die Beleidigung und zeigt auf ihrem Handy): Wir haben die sechs Parteien, die stehen in der App. Und da kannst du zwei Kreuze setzen. Für die Erst- und für die… (wartet auf Fortsetzung)

Eve (ruft rein): …die Zweitstimme!

Yara (neckend): Streber!

Frau Sopelpack: Genau. Wie auf dem Wahlzettel damals. Man muss nur nirgendwo mehr hinfahren, das schont die Umwelt, es gibt ja auch kein Papier mehr.

Filiz (unwillig): Ja…

Eve (besserwisserig): Und das Wahlergebnis wird sofort ausgegeben.

Filiz (verschränkt die Arme): Das klingt ja alles super, ich glaube trotzdem, dass das manipuliert ist.

So geht die Unterrichtsstunde noch eine Weile weiter, ohne dass Filiz überzeugt werden kann. Yara will dafür sofort, wenn sie zuhause ist, wählen. Toll, dass das so einfach geht jetzt!