Ein Zeitreise-Bericht der Klasse 10/2 des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Nossen vom 3. bis 4. Mai 2022
Wir schreiben das Jahr 2045
Die Schere zwischen Arm und Reich ist groß, trotzdem herrscht eine große Zufriedenheit bei allen. Wie ist das möglich?
Die Differenz zwischen Arm und Reich wurde im Jahr 2023 so groß, dass es immer mehr zu Aufständen der Benachteiligten und Unzufriedenen kam. Um das zu ändern, errichtete die Regierung im Geheimen verschiedene Kuppeln: eine „Kuppel A“ für die relativ Armen, eine „Kuppel M“ für den Mittelstand und eine „Kuppel R“ für die Reichen. Innerhalb dieser Kuppeln kann man nicht nach draußen sehen, da modernste Technik eine virtuelle Realität auf die Innenseiten der Kuppeln projiziert.
Die Bürger der verschiedenen Schichten wurden schließlich unter dem Vorwand einer erneuten Corona-Welle in die für sie vorgesehenen Kuppeln gelockt. Dort verabreichte man ihnen die „rettende“ Impfung. In dieser befand sich jedoch ein neuartiges Medikament, welches die Menschen vergessen ließ, dass es deutliche wirtschaftliche und soziale Differenzen und somit unterschiedliche Schichten gibt. Die Bewohner der Kuppeln leben nun ihr gewohntes Leben weiter. Sie wissen jedoch nichts von den Kuppeln der anderen Schichten.
In jeder der drei Kuppeln wird von den Bewohnern eine eigene, demokratische Regierung gewählt, die sich um die Belange innerhalb der Kuppelwelt kümmert. Wenige ausgewählte Vertreter der drei Regierungen werden zu geheimen Ratsmitgliedern der Zentralregierung berufen. Sie wohnen mit ihren Familien außerhalb der Kuppeln in einem eigenen Regierungsviertel und müssen Stillschweigen über ihre Tätigkeit vor allem gegenüber ihren Kontaktpersonen in den Kuppeln üben. Durch die geheime Zentralregierung wird die Verteilung von Lebensmitteln, Rohstoffen, Energie und Technologien sowie von Löhnen und finanziellen Subventionen an die Kuppeln koordiniert und bei grundlegenden Problemen nach Lösungen gesucht. Nicht zuletzt sorgt diese Regierung auch dafür, dass niemand von der Existenz der anderen Kuppeln und Schichten Kenntnis erlangt.
Innerhalb einer Kuppel haben alle ein ähnliches Einkommen und denselben Lebensstandard. Die Mehrheit der Ärmeren betreibt Landwirtschaft. Die Bevölkerung ist relativ ungebildet und lebt in einfachen, jedoch nicht prekären Verhältnissen. Der Mittelstand übt diverse, hauptsächlich jedoch technische Berufe aus, etwa in der Rohstoffförderung und -verarbeitung, im Maschinen- und Fahrzeugbau sowie in der Energieversorgung. Unter den Reichen fungieren viele als Unternehmer oder auch als Medienmacher, Wissenschaftler und hohe Beamte. Bürotätigkeiten oder Dienstleistungen stehen im Vordergrund. Die Reichen zahlen relativ hohe Steuersätze und können ihrer Regierung noch freiwillige Zusatzsteuern zukommen lassen, auf dass sie durch die Regierung, wiederum mit verdeckter Unterstützung der Zentralregierung, großzügige Wirtschaftshilfen, Güter und Privilegien erhalten.
Da es keinen Neid mehr gibt zwischen den unterschiedlichen Schichten, aber auch dank einer Solidarität der Kuppelbewohner untereinander und der geheimen, jedoch effektiven Förderung durch die Zentralregierung sind gewissermaßen alle zufrieden.
Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…
1. Akt: Auf einem Feld in Kuppel A
Liesel und Georg, zwei befreundete Schafzüchter aus der „Kuppel A“ (der relativ Armen), begegnen sich beim Hüten ihrer Herden auf einem Feld.
Liesel: Mensch, Georg!
Georg: Grüß dich, Liesel!
Liesel: Na von dir hab ich ja lange nichts gehört.
Georg (bedrückt): Ja ich war in letzter Zeit sehr beschäftigt, weil es geht im Moment irgendetwas rum. Wohl so ein Virus. Und da sind mir fast die ganzen Schafe weggestorben. Es ist nur noch (auf seine kleine Herde zeigend) ’ne Hand voll übrig. Aber ich seh schon, du musst ja auf eine ganz schön große Herde aufpassen.
Liesel: Genau! Nicht dass die mir auch noch wegsterben! Es wäre schade um die schöne Wolle.
Georg: Die schöne Wolle, ich seh’s! Na ja, von der Regierung bekomm ich jetzt gerade auch keine Unterstützung weiter.
Liesel: Nun, da könnte ich dir vielleicht helfen. Du weißt ja, mein Onkel, der Peter…
Georg: Ach, der Peter!
Liesel: …der arbeitet in der Regierung. Ich kann ihn ja mal fragen, ob die wegen dieser Pest irgendwas unternehmen können…
Georg: Oh, das wäre super!
Liesel: …damit die nicht alle wegsterben!
Georg: Ja, das geht so nicht weiter! Ich muss mir ja irgendwie meinen Lebensunterhalt verdienen.
Liesel: Na ja, ich kann dir ein Zuchtschaf von mir mitgeben, ich habe ja genug.
Georg: Oh, das ist total lieb von dir!
Liesel fängt mit einer Leine ein Schaf ein und reicht die Leine Georg. Das Schaf fängt an zu blöken.
Liesel: Die heißt Gerda.
Georg (verzückt): Na komm mit, Gerda! Liesel, ich danke dir sehr! Mach’s gut!
Liesel: Viele Grüße an deine Frau!
Georg: Richte ich aus.
Beide Schafzüchter ziehen mit ihren Herden weiter.
2. Akt: In einem TV-Studio in Kuppel R
Im Studio des Fernsehsenders „Press für success“, der schon seit längerem im Holgramm-Format ausgestrahlt wird, ist Ann-Sophie, die erfolgreichste Jungunternehmerin der„Kuppel R“ (der Reichen) zu Gast bei einer Talkshow.
Moderatorin: Hi, hi, Freunde daheim! Ich begrüße euch ganz herzlich hier in unserem Studio und freue mich, heute eine der erfolgreichsten BankerInnen unseres Landes an meiner Seite zu haben. (Die Kamera schwenkt auf eine junge, in einen legeren Wollanzug gekleidete Frau.) Herzlich willkommen, Ann-Sophie! Ich habe einige Fragen an dich. Nun, kannst du dir vorstellen, mit 5.000 Euro pro Woche auszukommen?
Ann-Sophie (mit einem Stirnrunzeln): Absolut gar nicht! Ich meine, ich gehe dreimal pro Woche shoppen und da sind schon beim ersten Einkauf die 5.000 Euro weg. Also nee! Und dann noch die ganzen Lebensmittel, die sind dermaßen überteuert. So kosten etwa 100 Gramm Lachs schon 10 Euro. Dafür gab’s früher ein ganzes Kilo.
Moderatorin: Ok, wir wissen ja alle, dass du Millionärin bist und sagenhafte Umsätze machst. Und sehr viel investiert du ja in Immobilien. Aber wie groß sind denn deine Grundstücke genau?
Ann-Sophie: Mein größtes Wohngrundstück ist momentan circa einen Hektar groß. Aber das ist bei weitem nicht ausreichend. Meine ganzen Familienmitglieder müssen da ja mit ihren Anwesen irgendwie Platz finden. Deswegen bin ich schon am Überlegen, ob ich mir nicht noch ein größeres Grundstück dazukaufe.
Moderatorin: Gut! Aber könntest du dir vorstellen, auf einem Grundstück von beispielsweise 500 Quadratmetern zu leben?
Ann-Sophie (fast schon angewidert): Absolut nicht! Meine Stadtwohnung ist schon größer als 500 Quadratmeter, davon hat mein Schlafzimmer allein 100. All die Kleiderschränke brauchen schließlich auch Platz!
Moderatorin: Ich hätte da noch eine Frage. Gibt es für dich ein Auto, mit dem du dich nicht auf die Straße wagen würdest?
Ann-Sophie: Absolut! Ich habe mir erst neulich einen Porsche gekauft. Ein Fehlkauf, der fliegt ja noch nicht einmal! Da ist der neue Lamborghini, den mir kürzlich mein Mann geschenkt hat, viel besser. Der fliegt wenigstens!
Moderatorin: Und dann habe ich noch eine letzte Frage an dich. Du gründest ja gerade eine eigene Bank. Bekommst du dafür irgendeine Unterstützung durch die Regierung?
Ann-Sophie: Absolut! Dank des hohen Steueraufkommens zahlt mir der Staat eine großzügige Fördersumme. Und dann helfen mir auch noch Bekannte aus der Branche, die bereits erfolgreich eine Bank gefounded haben. Es läuft also alles supi!
Moderatorin (anerkennend): Wow, dann vielen Dank für deine Antworten! Ich freue mich, dass du hier warst. Bis zum nächsten Mal!
Es folgt ein Werbespot für den Lamborghini Aqua Sky Hero mit sparsamen Wasserstoffdüsen.
3. Akt: In der Zentralregierung
In einem einfachen Funktionsbau außerhalb der drei Kuppeln tagt der Rat der Zentralregierung. Die neue Allgemeine Koordinatorin, die das Amt für ein Jahr innehat, empfängt die Versorgungsbeauftragten für Kuppeln R und A in einer lockeren Gesprächsatmosphäre. Der Beauftrage der Kuppel M hat Urlaub, den er bei Verwandten und Freunden in seiner heimatlichen Kuppel verbringt, gemäß der Vorschriften leider ohne seine Familie mitnehmen zu können.
Allgemeine Koordinatorin: Ah hallo, meine Kuppel-Beauftragten sind da!
Beauftragter für Kuppel R: Hallo!
Beauftragte für Kuppel A: Hallo!
Allg. Koordinatorin: Gut, wie steht es um die Versorgungsabläufe in Kuppel A und R? Hat alles geklappt?
Beauftragte für A: In Kuppel A ist alles einwandfrei gelaufen. Es gibt keine Lieferengpässe oder sonstiges.
Beauftragter für R: In Kuppel R ist soweit auch alles im grünen Bereich, jedoch gab es einige Beschwerden von Oldtimer-Freunden bezüglich des Benzinpreises.
Allg. Koordinatorin: Ah, na ja gut! Die R-Kuppler müssen sich über Preise ja eigentlich die allerwenigsten Sorgen machen. Konnte aber sonst allen Extrabestellungen und -wünschen aus der Kuppel R entsprochen werden?
Beauftragter für R: Ausnahmslos. Alles gut!
Allg. Koordinatorin: Wunderbar! Ich habe aber von einigen Problemen in Kuppel A gehört. Worum ging’s da noch mal genau?
Beauftragte für A: Es ging um die hohe Sterblichkeitsrate der Schafe. Die Kuppelregierung schlägt ein Impfprogramm für die Tiere vor und ein Förderprogramm zur Anschaffung von neuen Nutztieren für die Bauern.
Allg. Koordinatorin: Ja, das ist natürlich alles sehr richtig und wichtig! Ich habe darüber auch mit meiner Frau gestern beim Abendbrot geredet. Und sie schlug vor, zur Finanzierung dieser Maßnahmen die Steuersätze in Kuppel R zu erhöhen. Ist das praktisch möglich?
Beauftragter für R: Theoretisch ja! Aber praktischerweise sollten die Steuersätze nicht allzu in die Höhe getrieben werden. Denn sonst könnte es zu Unmut oder gar Protesten kommen.
Allg. Koordinatorin: Das wäre freilich sehr schlecht! Aber Sie kennen sich in der Kuppel ja sehr gut aus und wissen daher um die Höhe akzeptabler Steuerabgaben.
Beauftragter für R: Sicher!
Allg. Koordinatorin: Es wäre schön, wenn Sie alles Nötige in die Wege leiten könnten. Gibt es sonst noch irgendwelche Probleme?
Beauftragte für A: Nein.
Allg. Koordinatorin: Gut, vielen Dank! Den Bericht des Beauftragten für Kuppel M erhalten wir dann bei unserer nächsten Montagssitzung, nach seinem Urlaub. Na dann einen schönen Feierabend!
Beauftragte für R und A: Danke, gleichfalls!
Lektorat: sb