Schwimmende Inseln

Dieser Zeitreise-Bericht entstand in einem Workshop mit zwei Geschichts-Leistungskursen der 11. und 12. Klasse des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums Zwickau vom 10. bis 11. Oktober 2022


Wir schreiben das Jahr 2045

Wir schreiben das Jahr 2045 auf dem Planeten Erde. Arktis und Antarktis sind zu 80 Prozent geschmolzen, die Kontinente stehen unter Wasser – die Weltbevölkerung kann nicht mehr nur auf dem Festland leben. Einige Menschen sind auf schwimmende Inseln mit Kuppeln in den Weiten des Pazifik ausgewichen. Diese sind mit unterirdischen Tunneln verbunden und werden durch Offshore-Windparks sowie Kernfusionsreaktoren mit Energie versorgt.

Wasser wird aus dem Ozean gefiltert und überschüssiges CO2 wird durch CO2-Abschneider eingefangen, um die Atmosphäre nicht mit noch mehr Treibhausgasen zu belasten. Trotz dieser widrigen Umstände leben die Menschen in Wohlstand und werden durch die Regierung gleich behandelt. Sie haben Mitbestimmungsrechte und wirken an der Gestaltung ihrer Inseln mit.

Wie nehmen die Menschen ihre Mitbestimmungsrechte wahr? Wie bestimmen sie mit?



Szenen, die sich im Jahre 2045 zugetragen haben…

1. Akt: In der Werkstatt des Elektroautoherstellers Resla

 Handelnde Personen:  

  • Peter (Automechatroniker und  
    im Vorstand des Unternehmens)  
  • Justus (Automechatroniker und  
    Funktion als Sozialberater)  

Auf der schwimmenden Insel mit industriellem Schwerpunkt befindet sich auch die Fabrik des Autoherstellers Resla. Hier finden regelmäßig Befragungen zur Zufriedenheit der Mitarbeitenden statt. Wir bekommen einen exklusiven Einblick in ein solches Gespräch in der Werkstatt von Resla…

Justus (schüttelt Peter freundlich die Hand): Sie kommen hier zu unserem Befragungsgespräch. Als erste Frage: was machen Sie denn in diesem Unternehmen?

Peter (zögerlich): Na, ich baue Autos. Ich bin Automechatroniker.

Justus: Und warum arbeiten Sie für diese Firma? Was motiviert Sie hier tätig zu sein?

Peter (mit leuchtenden Augen): Resla ist ganz vorne mit dabei beim Thema Nachhaltigkeit. Und ich denke, es ist wichtig in unserer Welt sehr auf Nachhaltigkeit zu setzen. Deswegen produzieren wir jetzt ja auch vorwiegend Elektroautos und in letzter Zeit auch schon ein Auto mit Wasserstoffbetrieb. Schon seit meiner Kindheit interessiere ich mich für Autos und so kann ich auch nachhaltig meinen Traum ausleben.

Justus (interessiert): Das klingt ja schon mal sehr fortschrittlich. Und was erhoffen Sie sich für die Zukunft dieser Innovation?

Peter (nachdenklich): Ich hoffe, dass Resla vor allem noch sozialer wird. Dass noch mehr für die Gesellschaft getan wird. Aber daneben wünsche ich mir, dass eigentlich alles so bleibt wie es ist.

Justus (lacht): Hoffen wir das Beste. Vielen Dank für das Gespräch und bis zur nächsten Befragung.

Die Industrie scheint sich ja schon mal für die Meinungen ihrer Mitarbeitenden zu interessieren…


Doch wie sieht es politisch aus zu dieser Zeit? Wie machen Menschen von ihren Mitbestimmungsrechten Gebrauch?

2. Akt: Bei der Abstimmung

 Handelnde Personen:  

  • Peter (Mechatroniker)  
  • Justus (Mechatroniker)  
  • Bob (Gärtner)  

Bei einer regelmäßig stattfindenden Abstimmung zu gesellschaftspolitischen Fragen nehmen auch Peter, Justus und Bob teil…

Elektronische Stimme aus dem Off: Willkommen zu unserer heutigen Abstimmung. Für alle Neuen unter uns: wir stimmen hier jede Woche über lebensrelevante, gesellschaftspolitische Fragen ab. Der erste Vorschlag heute kommt von den Klimaexperten aus der Wissenschaft zur Umstellung der gesamten Energiegewinnung auf Wasserstoffzellen. Die Nuklearenergie hat zwar ihren wichtigen Beitrag geleistet, aber dennoch besteht die Gefahr von 6,17 Prozent eines Nuklearunfalls. Dies wurde von den Experten der Stochastik bestätigt. Die Antwortmöglichkeiten hier sind:
Zustimmung, Enthaltung, Ablehnung.

Justus, Bob und Peter stimmen auf ihren Smartphones ab und je nach Antwort leuchtet der Bildschirm Grün, Gelb oder Rot. Bei dieser Frage sind ausschließlich grüne Bildschirme zu sehen.

Elektronische Stimme: 87 Prozent der Abstimmenden haben mit Zustimmung gestimmt. Der Vorschlag wurde angenommen.

Justus, Peter und Bob (durcheinander): Sehr gut, yeah! Atomkraft – nein danke! (Lachen)

Elektronische Stimme: Und nun zum nächsten Tagesordnungspunkt: Die Sektion Sicherheit schlägt vor, dass die Anwesenheitslisten der Arbeitgeber zukünftig der Polizei zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Antwortmöglichkeiten sind hier Zustimmung oder Ablehnung. Da an dieser Stelle ein erheblicher Eingriff in den Lebensalltag im Raum steht, gibt es keine Enthaltungsmöglichkeit.

Bob, Peter und Justus stimmen alle mit Rot ab und halten ihre Smartphones gut sichtbar in die Höhe.

Elektronische Stimme: 68 Prozent der Abstimmenden haben mit Ablehnung gestimmt. Der Vorschlag ist damit abgelehnt.

Justus, Peter und Bob (durcheinander): Puh, das war knapp! Was für ein Eingriff in die Privatsphäre!

Es ist sehr anschaulich, wie hier auf den schwimmenden Inseln Mitbestimmung funktioniert. Doch wie sorgt die Regierung für die Umsetzung von nachhaltigen Zielen und die Einhaltung des Klimaschutzes? Gibt es hierfür staatliche Hilfe für die Bevölkerung?


3. Akt: Bei Peter zuhause

 Handelnde Personen:

  • Peter (Automechatroniker  
    und Unternehmensvorstand)  
  • Bob (Gärtner – kümmert sich  
    um die Grünanlagen auf dem Gelände)  

Es klingelt an der Wohnungstür von Peter. Er öffnet die Tür für Bob, der als Gärtner für Dachbegrünung zuständig ist…

Bob (zögerlich): Hallo…

Peter (freundlich): Einen schönen guten Tag.

Bob: Ich bin hier wegen Ihrer Dachbegrünung, die Sie geplant hatten.

Peter: Ja, ich hatte schon gehört, das Land bietet ja seit einiger Zeit an, dass man eine Dacherneuerung durchführen kann mit Begrünung, um die CO2-Emissionen so niedrig wie möglich zu halten.

Bob (zustimmend): Genau. Bis zum Jahr 2050 soll es sogar zur Vorschrift bei uns werden, dass jedes Dach begrünt werden muss. Da der grüne Teil vor allem für die Psyche des Menschen hilfreich ist, weil man sich dann besser konzentrieren kann. Ich habe Ihnen einen Vorschlag mitgebracht mit verschiedenen Pflanzen. Also zur Auswahl steht die Strandgrasnelke, der scharfe Mauerpfeffer und die Heidenelke. Charakteristisch für die Strandgrasnelke wäre eben dieser Rot-Ton (deutet auf eine Schautafel), den Sie hier immer an den Seiten sehen, also das wäre natürlich auch vom Design her noch wichtig zu wissen für Sie. Die Heidenelke wäre diese Grundlage, die Sie hier sehen (zeigt auf eine grünliche Pflanze mit hellvioletten Blüten). Also das würde ich Ihnen empfehlen. Das wird natürlich auch alles vom Staat übernommen. Also hier würden dann keine Kosten mehr für Sie hinzukommen.

Peter (erfreut): Ach, das ist ja klasse. Aber wie sieht das denn dann in Zukunft aus, wenn es zur Pflicht wird? Wird das dann auch noch vom Staat übernommen?

Bob (nickt): Selbstverständlich. Aber dann gibt es nur noch diese Basismodelle (deutet auf den unteren Teil der Schautafel). Dann kann man sich nicht mehr diese Extras dazu wünschen.

Peter (interessiert): Ah, das ist gut zu wissen. Dann werde mich in Kürze bei Ihnen melden, nachdem ich mich für Pflanzen entschieden habe. Vielen Dank!

Bob, der Gärtner mit seinen Schautafeln, verabschiedet sich und macht sich auf den Weg zum nächsten Wohnhaus für seine Dachbegrünungsmission…