Der Fremde im Dorf

Ein Zeitreise-Bericht der Klassen 10/5 und 10/6 am Christian-Gottfried-Ehrenberg-Gymnasium in Delitzsch (Workshop 14.-15. Mai 2024)


14.05.2045

Liebes Tagebuch,

heute vor 21 Jahren ging ein Großteil der Welt unter. Um an diese Tragödie zu erinnern, haben wir unsere erste offizielle Wahl auf heute gelegt.

Diejenigen von uns, die die Katastrophe erlebt haben, wollen an sie erinnern und den Kindern klarmachen, wie wichtig es ist, die Natur und den Frieden zu bewahren.

Das Überleben ist wichtiger als irgendein Reichtum oder Macht. Ich weiß noch, wie die Gier nach Macht und Reichtum die Welt ins Verderben getrieben hat. Nun versuchen wir, aus unseren Fehlern von damals zu lernen. Die Erfindung von Geld z. B. war ein totaler Reinfall und hat den Untergang damals begonnen.

Okay, ich bin vom Thema abgekommen, die Wahlen haben heute stattgefunden. Das Ergebnis werde ich bald erfahren.

Bis dahin. <3


Ein Tag im Jahr 2045…

1. Akt: Am Dorfrand

 Handelnde Personen:  

  • Kevin – verletzter Wanderer  
  • Andreas – Dorfbauer  

Ein Mann arbeitet mit einer Sense im Feld. Da kommt Kevin angehumpelt. Er hält sich den Arm, den er nicht bewegen kann.

Kevin (schwach): Hilfe, ich brauche Hilfe… Ich bin seit Tagen… ich brauche Hilfe…

Andreas: Sind Sie etwa den ganzen weiten Weg hierher gelaufen? Vom nächsten Dorf sind das… über 80 Kilometer!

Kevin: Ich weiß, ich weiß. Ich brauche dringend Essen und Trinken.

Andreas deutet auf Kevins Arm.

Andreas: Verzeihen Sie, das sieht aber nicht gut aus. Was ist denn das?

Kevin (kurz angebunden): Das ist eine Wunde.

Andreas (zuckt die Schultern): Naja, wir haben im Dorf ja ein Krankenhaus. Kommen Sie.

Andreas legt seine Sense beiseite und stützt Kevin.

Andreas: Ich bin übrigens Andreas. Ich bin hier der Getreidebauer. Seit dem Krieg müssen wir ja alles wieder per Hand machen…

Sie gehen ins Dorf.


2. Akt: Gang durch das Dorf

 Handelnde Personen:  

  • Kevin  
  • Andreas  
  • Wahlleiterin  
  • Oma  

Andreas: Das Krankenhaus ist auf der anderen Seite. Wir müssen einmal durch das Dorf. Ich kann Ihnen ja dabei ein bisschen was erzählen.

Sie gehen durch das Dorf.

Andreas (fängt an zu erzählen): Nach dem großen Krieg, das wissen Sie ja, war alles zerstört.

Kevin (unterbricht ihn): Was geht denn da ab? Das ist ja ganz komisch. (zeigt auf eine Menschenansammlung)

Andreas (erzählt einfach weiter): Weil wir so wenige sind, müssen wir uns aufeinander verlassen können. Deshalb spielt unsere Dorfgemeinschaft die größte Rolle.

Kevin (unterbricht nochmal) Und was passiert da gerade?

Andreas (seufzt): Wir haben uns entschieden, dass wir eine Demokratie wollen. Darum führen wir die gerade ein. Komm, wir hören mal zu.

Die Wahlleiterin steht vor einer Menschenmenge. Hinter ihr ist eine Tafel, auf der die Ja- und Nein-Stimmen gezählt werden.

Wahlleiterin: Willkommen zur ersten Wahl 2045. Vor mehr als zehn Jahren war der große Weltkrieg und nur ein kleiner Teil der Bevölkerung hat überlebt. Unser Dorf hat es geschafft, sich wieder aufzubauen und wir haben unseren ersten Grundgesetzentwurf verfasst.

Die Leute jubeln.

Wahlleiterin: Heute stimmen wir ab, ob wir ihn annehmen oder ablehnen. Wer ist alles dafür?

Oma (meldet sich): Also ich bin definitiv dafür, weil ich es wichtig finde, eine Verfassung zu haben.

Wahlhelferin (nickt): Eine Stimme für „Ja“. (macht einen Strich bei Ja).

Kevin (zu Andreas) Ihr wollt wirklich eine Demokratie? Das klappt doch nie, hat letztes Mal nicht geklappt, wird auch dieses Mal nicht klappen.

Andreas: Wir haben gemeinsam mehrere Monate daran gearbeitet, wir glauben, das ist die richtige Entscheidung.

Sie gehen weiter.


3. Akt: Im Krankenhaus

 Handelnde Personen:  

  • Tara  
  • Alexa  
  • Ellen  

Andreas: Das ist das Krankenhaus. Ich überlasse Sie mal dem Doktor und der Schwester.

Andreas geht davon. Die Schwester nimmt Kevin in Empfang.

Schwester (besorgt): Ach, was ist denn mit Ihnen los?

Kevin schweigt. Die Schwester leitet ihn zum Doktor.

Doktor: Na, setzen Sie sich erst einmal. (deutet auf Kevins Arm) Wie ist das denn passiert?

Kevin (patzig): Das müssen Sie nicht wissen!

Doktor: Na gut, aber behandeln müssen wir es! Schwester, eine Spritze, bitte.

Kevin (panisch): Was ist das in der Spritze?

Schwester: Das ist unsere Medizin!

Kevin: Was für Medizin?

Schwester: Na, unsere Kräutermedizin! Aus unserem Dorf! Die macht gesund!

Kevin: Kräuter?! Wieso Kräuter!? Die sind doch alle verseucht.

Doktor: Nein nein, diese nicht. Wir benutzen die schon lange und es geht uns ja gut. Sie müssen uns da vertrauen.

Als Kevin kurz nicht guckt, gibt der Doktor ihm die Spritze.

Kevin (erschrocken): Aua! Ey, ich habe nicht zugestimmt! Jetzt haben Sie mir einfach die Spritze gegeben!

Kevin fällt ohnmächtig um.

Doktor (wackelt mit dem Kopf): Oh oh, naja.

Schwester (besorgt): Ist alles gut mit ihm?

Doktor (zuckt die Achseln): Ja, das passiert immer beim ersten Mal.

Kevin wacht wieder auf und springt auf.

Kevin (erbost): Was haben Sie mir gegeben? Das ist doch nicht normal! (fuchtelt mit den Armen)

Doktor (ruhig): Na sehen Sie, Sie können Ihren Arm wieder bewegen.

Kevin: Egal! Ihre Medizin ist verseucht! Von der Radioaktivität!

Schwester: Beruhigen Sie sich. Sie können sich gerne noch ein wenig ausruhen, bevor Sie wieder weiterziehen.

Kevin: Das geht doch nicht! Wir sind alle dem Untergang geweiht!

Kevin stürmt davon.


Redaktion: nrw